Der Kelb tal-Fenek Dokumente Jagd Bilder Links Kontakt Über uns



Home

Kelb tal-Fenek

Dokumente
  - Name
  - FCI-Standard
  - Änderungsvorschläge
  - Ägypten-Malta
  - Studie zum Genom
  - Richten
 
- Coursing
 
- Züchten
 
- Ländliche Kultur

Jagd

Bilder

Links

Über uns

Kontakt/
Datenschutz

 

 

Woher kommt der Name "Pharaoh Hound"?

Jeder Hundefreund, der sich ausserhalb des Heimatlandes Malta auf Hundeausstellungen, bei Coursings oder Windhundrennen gezielt nach dem Kelb tal-Fenek umsieht, wird überrascht sein festzustellen, dass die Rasse hier keineswegs unter ihrem angestammten Namen, sondern unter der Bezeichnung ‘Pharaoh Hound’ zu finden ist. Andere Hundefreunde, die den Hund von vornherein als ‘Pharaoh Hound’ kennenlernen, werden vielleicht gar nicht zur Kenntnis nehmen, dass sie es mit einer maltesischen Rasse zu tun haben.

Wie aber kommt eine maltesische Hunderasse zu einem Namen, der unzweifelhaft in die ägyptische Antike zu verweisen scheint?

Die Vorgeschichte

Die Geschichte des Begriffes ‘Pharaoh Hound’ nimmt ihren Anfang, lange bevor begonnen wurde, den Kelb tal-Fenek ausserhalb Maltas zu züchten. Bereits kurz nach der Wende vom neunzehnten zum zwanzigsten Jahrhundert begannen sich Jäger und Kynologen aus der Schweiz und Deutschland für die stehohrigen, windhundähnlichen Jagdhunde der spanischen Balearen (Podenco Ibicenco) und der Kanaren (Podenco Canario) zu interessieren. Aufgrund der Ähnlichkeit ihrer windhundartigen Gestalt, des schlanken Kopfes und ihrer Stehohren mit den Darstellungen des Totengottes ‘Anubis’ und des ‘Tesem-Windhundes’ aus dem alten Ägypten entstand unter den deutschsprachigen Kynologen frühzeitig der Begriff ‘Pharaonenhund’, ins Englische zu übersetzen als ‘Pharaoh Dog’ oder - ‘Pharaoh Hound’.



Diese Abbildung aus dem Grab Antefas II. 
(ca. 2300 v.Chr.) wird gerne als Beleg für 
die Verwandtschaft des Kelb tal-Fenek 
mit den Hunden des alten Ägypten ange-
führt. Doch warum sollte die heutige Rasse 
nur exclusiv gerade auf diesen ringelschwän-
zigen "Tesem" zurückgehen?

Wer für sich in Anspruch nehmen darf, diesen Begriff erfunden zu haben, lässt sich wohl nicht mehr mit letzter Sicherheit klären. Eine der ersten Nennungen findet sich jedoch bei Dr. Carl von Muralt (Zürich), der 1906 in einem Artikel über die Podencos der Balearen schrieb:

‘auch der altägyptische Windhund war ausgezeichnet durch grosse Stehohren; der Leib und die Rutenbildung stimmen bei beiden überein. Die ägyptischen Windhunde ringelten häufig die Rute; auch der Balearenhund pflegt das in behaglicher Stimmung zu tun. Wie aber gelangte dieser Pharaonenhund nach den Balearen? Er kann durch griechische Einflüsse eingewandert sein; denn wir treffen ihn auch auf alten sizilianischen Münzen. Wahrscheinlicher aber haben ihn die Karthager auf Ibiza eingeführt, wo sie frühzeitig die Herrschaft ausübten.’ (v. Muralt, ‘Jagdkynologisches von den Balearen’. Artikel in ‘Hundesport und Jagd’, Nr. 33, Zürich/CH 1906)

Vereinzelt wurden bereits in den zwanziger und dreissiger Jahren Hunde von den Balearen und Kanaren nach Deutschland und in die Schweiz gebracht, wo sie gelegentlich als 'Pharaonenhunde’ in die Zuchtbücher aufgenommen wurden. Das Deutsche Windhundzuchtbuch (DWZB) beispielsweise verzeichnete 1977, also zu dem Zeitpunkt, als der Kelb tal-Fenek von der FCI als ‘Pharaoh Hound’ registriert wurde, bereits 17 Einträge unter dem Kürzel ‘Ph’, d.h. ‘Pharaonenhund’. Der erste Kelb tal-Fenek, die aus Dänemark importierte Hündin Fallohide Queen Tuyanna, wurde 1980 als ‘Ph 18’ in das DWZB eingetragen.

Der Pharaonenstandard der FCI

In den fünfziger Jahren ergriff die 'Union Internationale des Clubs des Levriers' (UICL), ein von 1923 bis 1991 bestehender Zusammenschluss europäischer Windhundclubs, die Initiative, einen Standard für die stehohrigen Windhundformen des Mittelmeerraumes und der Kanaren zu erarbeiten.

Diese Aufgabe wurde auf Beschluss der UICL-Generalversammlung am 13. Juni 1958 in Zürich an Prof. Dr. Eugen Seiferle vom Veterinär-Anatomischen Institut der Universität Zürich übertragen, nachdem dieser in einem Vortrag vor der Generalversammlung empfohlen hatte, die ganze Rassengruppe unter der Bezeichnung ‘Pharaonenhunde’ zusammenzufassen (Arthur Egle, ‘Windhundfeste einst und jetzt’, Band I, Zollikerberg/CH 1973). Folglich fiel der vorgelegte Standardentwurf so aus, dass er leicht auf verschiedene Rassen mediterranen Typs angewandt werden konnte: Als Grösse wurden 63 - 70 cm (Rüden) und 57 - 66 cm (Hündinnen) angegeben, als Farbe Weiss mit roten bzw. gelbroten Platten oder Tupfen, wobei jedoch das Vorkommen einfarbig roter Tiere ausdrücklich erwähnt wird. Als Ursprungsgebiet benennt Seiferle die Balearen, wobei die entsprechende Formulierung jedoch so abgefasst war, dass auch Hunde anderer Herkunft als ‘Pharaonenhunde’ registriert werden konnten: ‘In reinster Form kommen die Pharaonenhunde auf den Balearen vor’.

Der Standardentwurf wurde 1962 an die FCI eingereicht und von dieser am 9. August 1963 unter der Standardnummer 248 (Pharaonenhund) in Kraft gesetzt. Seiferle schrieb hierzu später:

‘Wir gaben ihnen den Namen ‘Pharaonenhund’, ohne damit aber behaupten zu wollen - wie das allerdings etwa geschehen ist -, dass diese Tiere wirklich Abkömmlinge der altägyptischen Windhunde seien.’ (zitiert nach Dr. Hans Räber, ‘Enzyklopädie der Rassehunde’, Band 2, Stuttgart/D 1995)

Was den ganzen Vorhang so bemerkenswert macht, ist die Tatsache, dass die Existenz unterschiedlicher mediterraner Rassen zum Zeitpunkt der Inkraftsetzung des Seiferle-Standards nicht nur bekannt, sondern zum Teil auch bereits offiziell anerkannt war: Die spanische Real Sociedad Central de Fomento de las Razas Caninas hatte den Podenco Ibicenco 1931 als Rasse anerkannt, die FCI tat dies 1945 unter der Standardnummer 89. In Italien hatte Professor Solaro ab 1939 einen Standard für den Cirneco dell' Etna ausgearbeitet, welcher von der Ente Nazionale della Cinofilia Italiana und der FCI als Rassestandard Nr. 199 registriert wurde. Der Kelb tal-Fenek war auf dem Kontinent zwar noch nicht vertreten, doch durch vereinzelte Reiseberichte bereits bekannt. So schrieb Emil Hauck 1962:

‘Der Kelp Tal Fenech (ist) wahrscheinlich dem sizilianischen Cernecco verwandt. Auch als Wachhund auf den flachen Dächern gehalten’ (Emil Hauck, ‘Die Windhunde’. Wien/A 1962).

Da in den kynologischen Verbänden Europas offenbar eine weitgehende Unkenntnis der realen Verhältnisse in der Mittelmeerregion herrschte und der Podenco Ibicenco sowie der Cirneco dell' Etna von ihren Ursprungsländern zudem in der FCI-Gruppe 6 (Laufhunde) angesiedelt wurden, während der Rassestandard 248 der Windhundgruppe zugeordnet war, entstand nunmehr eine jahrelange Unsicherheit. Dr. Hans Räber schreibt hierüber:

‘Weil Spanien daran festhielt, dass der Podenco Ibicenco ein Laufhund sei, konnten die in der Schweiz gezüchteten Podencos keinen Championtitel erringen, weil sie die dafür vorgeschriebene Laufhundeprüfung hier nicht ablegen konnten. Den Ausweg fanden die Züchter darin, dass sie ihre Podencos nun als Pharaonenhunde ausstellten, die als Windhunde von einer Gebrauchsprüfung befreit waren’ (Dr. Hans Räber, ‘Enzyklopädie der Rassehunde’, Band 2, Stuttgart/D 1995)

Im Jahre 1977 entschloss sich die FCI endlich, diesem Treiben ein Ende zu setzen und annullierte den vierzehn Jahre zuvor angenommenen Standard für ‘Pharaonenhunde’, so dass nunmehr in der Kynologie eine klare Unterscheidung der einzelnen autochthonen mediterranen Rassen möglich wurde.

Grossbritannien und der Kelb tal-Fenek

Zu Beginn der sechziger Jahre, kurz vor dem Ende der britischen Kolonialherrschaft über die Maltesischen Inseln, ‘entdeckten’ einige Familien britischer Militärangehöriger den Kelb tal-Fenek als Haushund und begannen wenig später, einzelne Hunde nach Grossbritannien zu exportieren.

Federführend waren hierbei Mrs. Pauline Block, die im Jahre 1960 ihren ersten Hund von Farmern in Zurrieq (Malta) erwarb, sowie die Eheleute Anne und David Liddel-Grainger, die im Jahre 1963 den ersten Wurf aus den nach Grossbritannien importierten Hunden ‘Luki’ und ‘Chu-Cha’ züchteten. Mit den ersten Zuchtaktivitäten auf den britischen Inseln begannen auch die Bemühungen, dem Kelb tal-Fenek die offizielle Anerkennung durch den britischen Kennel Club zu verschaffen. Monica Still, eine britische Züchterin (Kennel ‘Merymut’) und Vorstandsmitglied des britischen ‘Pharaoh Hound Club’ beschreibt diesen Prozess in der Mitgliederzeitung ihres Clubs folgendermassen:

‘Pauline Block bemühte sich anfangs, die Rasse unter dem Namen Kelb Tal Fenek registrieren zu lassen, doch dies wurde abgelehnt mit der Begründung, dass ein ausländischer Name, der mit ‘Kaninchenhund’ zu übersetzen ist, nicht akzeptabel sei. Daher schrieben Pauline Block und ihre Freundin Anne Dewey an die F.C.I. (Federation Cynologique Internationale), die kynologische Dachorganisation für Europa und einige andere Länder (z.B. Mexiko) und fragten an, welche Bezeichnung die Organisation für den maltesischen Kelb Tal Fenek verwendet. Im Antwortschreiben vom 30. November 1965 hiess es: ‘die in Malta gezüchtete Rasse wird von der FCI als Pharaoh Hound registriert’. (Entsprechend einer Information von Monica Still vom 03.08.99 kam das Schreiben nicht von der FCI, sondern von Arthur Egle, dem damaligen Präsidenten der UICL. Anm. d. Verf.) Pauline und Anne wandten sich erneut an den Kennel Club und beantragten, die Hunde als Pharaoh Hound in der Any Variety Rare Breeds section zu registrieren. Dies wurde akzeptiert.’ (Monica Still, ‘How the Pharaoh Hound got its Name’. Artikel in: ‘Pharaoh’ 1995, Wootton/GB)

Die Begründung für die Weigerung des britischen Kennel Clubs, den Kelb tal-Fenek unter seiner angestammten Bezeichnung (welche in der Übersetzung ‘Hund des Kaninchens’ bedeutet) anzuerkennen, mutet insofern kurios an, da beispielsweise der Teckel vom Kennel Club unter der deutschen Bezeichnung ‘Dachshund’ in der Rassenliste geführt wird - mithin ebenfalls ein ausländischer Name, der nur die jagdliche Verwendung einer Rasse beschreibt.

Festzuhalten ist aber vor allen Dingen, dass die heute international gebräuchliche Rassebezeichnung ‘Pharaoh Hound’ unmittelbar auf eine Information zurückgeht, die sich ohne Zweifel auf den 1963 angenommenen Standard 248 (‘Pharaonenhund’) bezog. Dieser war aber, wie erwähnt, primär am Modell des Podenco Ibicenco orientiert!

Die FCI übernimmt den britischen Standard

Als die FCI im Jahre 1977 endlich den 1963 angenommenen Rassestandard 248 (‘Pharaonenhund’) aufhob, war der Kelb tal-Fenek in Grossbritannien bereits fest unter dem Namen ‘Pharaoh Hound’ etabliert: Im Jahre 1968 war dort der ‘Pharaoh Hound Club’ gegründet worden, man hatte einen Rassestandard ausgearbeitet und 1974 die endgültige Anerkennung der Rasse und die Vergabe von Champion-Titeln durch den Kennel Club erreicht.

Obwohl Grossbritannien kein Mitglied der FCI ist, setzte die Organisation nunmehr den vom britischen ‘Pharaoh Hound Club’ erarbeiteten Rassestandard an die Stelle des alten, von Prof. Dr. Seiferle ausgearbeiteten Standards. Somit war zwar endlich eine klare Unterscheidung zwischen den einzelnen mediterranen Rassen getroffen, der fragwürdige Begriff des Pharaonenhundes blieb der FCI jedoch erhalten, denn nunmehr erschien der maltesische Kelb tal-Fenek unter der Standardnummer 248a als ‘Pharaoh Hound’ in der Rassenliste der FCI. Im Standard ist Grossbritannien als Protektoratsland angegeben und Malta wird als Ursprungsland benannt - es fehlt jedoch jeglicher Hinweis auf die ursprüngliche Rassebezeichnung.

Ein Grund für die rasche Anerkennung des britischen Protektorates über die Rasse dürfte darin zu suchen sein, dass die britischen Züchter frühzeitig damit begonnen hatten, den Kelb tal-Fenek in verschiedene europäische Länder zu exportieren und sich somit eine Lobby innerhalb der FCI sicherten, zu der unter anderem so prominente Kelb tal-Fenek-Besitzer wie Prinzessin Antoinette von Monaco und Prinz Henrik von Dänemark zählten.

Leider versäumte es Malta, seinen Anspruch als Ursprungsland gegenüber der FCI geltend zu machen. Da in Malta damals eine strikte Haustierquarantäne gegenüber dem Kontinent herrschte, bestand keine Möglichkeit, sich an kynologischen Aktivitäten auf dem Festland zu beteiligen - folglich wurde auch nach der Unabhängigkeit von Grossbritannien das Assoziierungsabkommen des Malta Kennel Club mit dem Kennel Club von Grossbritannien beibehalten, so dass Malta damals weder Sitz noch Stimme in den Gremien der FCI hatte.

Der ägyptische Ursprung - eine unbewiesene Hypothese

Während Prof. Dr. Seiferle noch Wert darauf legte, aus der Rassebezeichnung ‘Pharaonenhund’ keine direkte Verbindung der mediterranen Rassen mit dem antiken Ägypten herzuleiten, wurde eben dies von zahlreichen nicht-maltesischen Züchtern des Kelb tal-Fenek immer wieder versucht.

Die folgenden Beispiele aus rassebezogenen Publikationen mögen dies belegen:

‘Nimmt man Bezug auf Studien professioneller Archäologen und Historiker, welche intensive Untersuchungen an der grossen Menge von Zeichnungen, Plastiken und sonstigen künstlerischen Hinterlassenschaften des antiken Ägypten durchführten, und ebenso auf die Übersetzungen von Hieroglyphen, welche das beschreiben, was wir heute als Pharaoh Hound bezeichnen, kann man mit Sicherheit fortfahren anzunehmen, dass das antike Ägypten die Wiege der Rasse war’ (Pauline Block and Rita Laventhall Sacks, ‘The Pharaoh Hound’, Denlinger, Fairfax, USA 1977)

‘Mehr als 5 Jahrtausende liegen hinter ihnen: Glorreiche Jahrtausende an der Seite der ägyptischen Pharaonen. Als ‘Tesem’ hochgeschätzter Gefährte ihrer Luxusjagden; zärtlicher Spielkamerad der Kinder. Als ‘Anubis’ ungestechlicher Begleiter und Wächter ihrer Reise in eine andere Welt. Die ihre Hochachtung für sie in den Gemälden und alten Schriften ihrer Grabkammern verewigt haben’ (Dorothee Schultz-Janson: ‘Pharaoh Hounds: Vorwärtsschauen’. Geleitwort im Katalog der Jubiläumszuchtschau ‘100 Jahre DWZRV’ am 10. Oktober 1992 in Berlin-Karlshorst/D)

‘Allein das Erscheinungsbild eines Pharaohs hat etwas Magisches. Die allgegenwärtige Erinnerung an 5000 Jahre Geschichte, die grosse Kultur der Ägypter mit all ihren Gottheiten (von denen eine, nämlich Anubis, einen stehohrigen Schakal- oder Hundekopf hat), lassen viel Raum für Phantasie. Reliefs und Skelettfunde untermauern die These, dass der Pharaoh Hound der direkte Nachfahre des altägyptischen Tesem ist’ (Bruno Ollik in ‘Der Windhundfreund’, Ausgabe 190/Dezember 1992, Adliswil/CH)

‘Diese einst aus südlichen Pariahunden entstandenen Laufhunde wurden teilweise schon von den Phöniziern auf Inseln des Mittelmeerraumes gebracht. Als im Jahre 1000 v. Chr. die Insel Malta von ihnen kolonialisiert wurde, soll eine Schiffsladung dieser Hunde in die Isolation geraten sein. Die Hunde vermehrten sich, und ein recht einheitlicher Typ bildete sich heraus, weil der Sage nach keine Fremdeinkreuzung möglich gewesen sein soll’ (Holger Bunyan: ‘In das Land der Pyramiden und Pharaonen versetzt’. Artikel in ‘Hunde-Revue’ Nr. 4/93, Stuttgart/D)

‘De Pharaohond komt van oorsprong uit Egypte en is zo’n tweeduizend jaar geleden op Malta terechtgekomen’ (Ali de Vos-Horstman: ‘De Pharaohond - een van de oudste Rashonden ter Wereld’. Artikel in ‘Honden manieren’ Nr. 6/November 1997, Lelystad/NL)

Bei der zusammenfassenden Betrachtung dieser und anderer Textauszüge fällt eine gewisse Einheitlichkeit der Argumentation auf: Ihr zufolge wird der ägyptische Ursprung des Kelb tal-Fenek durch das Vorhandensein von Zeichnungen und Plastiken aus der Pharaonenzeit belegt. Bezug genommen wird dabei primär auf den stehohrigen, windhundähnlichen ‘Tesem’, dessen Existenz als Haustierform des antiken Ägypten unstrittig ist. Es unterbleibt aber auch nicht der Hinweis auf die Figur des Totengottes ‘Anubis’, über dessen Zuordnung zu einer bestimmten Gattung (Hund oder Schakal) unter Ägyptologen jedoch bis heute keine einheitliche Meinung existiert. Für das Verbringen der Rasse werden in der Regel die Phönizier verantwortlich gemacht, tatsächliche Belege für diese Hypothese bleiben jedoch aus.

Gegen die Annahme eines ägyptischen Ursprunges des Kelb tal-Fenek - und damit gegen den heute gebräuchlichen Namen ‘Pharaoh Hound’ - sprechen die folgenden Gründe:

  • Ausser der windhundartigen Gestalt und den Stehohren gibt es keine belegte Verbindung zwischen dem ‘Tesem’ des antiken Ägypten und dem heutigen Kelb tal-Fenek. Eine blosse äusserliche Ähnlichkeit ist jedoch eine zu schwache Grundlage, um die Theorie vom ägyptischen Ursprung zu rechtfertigen.

  • Der Begriff der ‘Rasse’ ist in der Hundezucht ein relativ neues Phänomen. Regionale Hundetypen entstanden zunächst entsprechend den jeweiligen kulturellen und topographischen Anforderungen. Es ist daher unzulässig, eine heute existierende Rasse ohne weiteres mit einem vor Jahrtausenden existenten Typus gleichzusetzen.

  • Die erste schriftliche Erwähnung des heutigen Kelb tal-Fenek auf Malta erfolgte im Jahre 1647 durch Commendatore Fra. G. Fran. Abela, einen maltesischen Historiker und Vizekanzler des Johanniterordens: ‘Da gibt es Hunde, die man ‘Cernechi’ (Sucher, Sichter) nennt und die man für die Jagd auf Kaninchen schätzt, bis Frankreich vor allem für steinige, bergige und steile Gebiete’ (Fra. Abela, ‘Della Descrittione di Malta isola nel Mare Siciliano con le sue antichita ed altre notitie’, Malta, 1647). Zwischen dem Niedergang des ägyptischen Pharaonenreiches und dieser ersten, in mancher Hinsicht noch recht vagen maltesischen Beschreibung eines lokalen mediterranen Jagdhundes liegen gut 2500 Jahre. Diese Zeitspanne müsste man lückenlos überbrücken, um eine Verbindung des Kelb tal-Fenek mit dem Tesem-Typ des antiken Ägypten zweifelsfrei zu belegen.

  • Anders als manche Autoren voraussetzen, war Malta nie isoliert: Ganz im Gegenteil war der Archipel im Verlauf seiner Geschichte wechselnden kulturellen Einflüssen ausgesetzt: Phönizier, Römer, Araber, Normannen, Spanier, Johanniterritter, Franzosen und Briten haben ihre Spuren in Malta hinterlassen und kommen somit auch als Importeure von Hunden in Frage. Zudem bestand immer ein reger Personen- und Warenverkehr zwischen Malta und dem nur 90 Kilometer entfernten Sizilien, das mit dem Cirneco dell' Etna ebenfalls eine Rasse mediterranen Typs beheimatet. Eine exklusive Verbindung der maltesischen Kelb tal-Fenek-Population mit Ägypten erscheint dadurch vollends unwahrscheinlich.

  • Eine im Mai 2004 veröffentlichte Studie zur genetischen Herkunft verschiedener Hunderassen, die vom Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle (USA) mit Unterstützung des American Kennel Club durchgeführt wurde, legt den Schluss nahe, dass der Kelb tal-Fenek erst in geschichtlich jüngerer Zeit aus Hunden unterschiedlichen Ursprungs herausgezüchtet wurde. 

Was bedeutet ein Name?

Seit etlichen Jahren ist der maltesische Kelb tal-Fenek nunmehr den Hundefreunden in aller Welt als ‘Pharaoh Hound’ bekannt. Man könnte nun argumentieren:

‘Namen sind Schall und Rauch. Es ist doch gleichgültig, wie eine Hunderasse heisst’

Doch zweifellos ist mit dem offiziellen Namen einer Hunderasse mehr verbunden: Er ist so etwas wie ein Etikett, das die Herkunft und die Eigenschaften einer Hunderasse bezeichnet - und damit für die Öffentlichkeit das Image schafft, unter dem die Rasse wahrgenommen wird:

Von den 267 im Zeitraum 1993 - 96 im Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) vertretenen Hunderassen wird die grosse Mehrheit, nämlich 226 (84,6 %) mit ihrem landeseigenen Originalnamen bezeichnet, darunter 55 Rassen deutschen, schweizerischen oder österreichischen Ursprungs mit deutscher Rassebezeichnung. In 16 Fällen (6 %) wurde der Originalname ins Deutsche übersetzt (z.B. Bordeaux-Dogge), zweimal unter Hinzufügung der ausländischen Originalbezeichnung, nämlich beim Finnischen Lapphund (Suomenlapinkoira) und der Italienischen Bracke (Bracco Italiano). Für 24 Rassen (9 %) wurde eine Bezeichnung gewählt, die zwar nicht der Bezeichnung im Ursprungsgebiet entspricht, jedoch eindeutig auf die Herkunft der Rasse verweist (z.B. Azawakh, Afghanischer Windhund). Lediglich in einem Fall, nämlich in dem des ‘Pharaoh Hound’, entspricht die offizielle Bezeichnung durch den VDH weder dem im Ursprungsland üblichen Namen, noch weist sie auf die tatsächliche Herkunft oder Verwendung hin. (Nach: ‘Unser Rassehund’ 8/97, Dortmund/D)

Das Image, die Wahrnehmung der Rasseattribute durch die Besitzer, Züchter, potentielle Welpenkäufer und Zuchtrichter kann nicht ohne Einfluss auf die Fortentwicklung einer Rasse bleiben. Im Falle des Kelb tal-Fenek wurde jedoch dem ursprünglichen Kaninchenjäger aus dem ländlichen Malta das Image eines antiken Luxushundes übergestülpt. Der Verlust der ursprünglichen Eigenschaften des Kelb tal-Fenek wird dadurch zur beständigen Gefahr.

Es ist ausdrücklich festzuhalten, dass die Mehrheit der nicht-maltesischen Züchter des Kelb tal-Fenek bemüht ist, die Rasse ursprungsgetreu zu erhalten und potentielle Welpenkäufer über den Ursprung und das Wesen dieser Hunde aufzuklären. Es ist jedoch ein trauriger Fakt, dass viele Hunderassen durch eine Zucht, die sich von den ursprünglichen leistungsorientierten Auswahlkriterien entfernt hat und die sich nur noch am Geschmack des Publikums und der Ausstellungsrichter orientiert, ihren natürlichen Gebrauchswert und sogar ihr eigentliches Erscheinungsbild verloren haben. Eine derartige Degeneration einer in langen Zeiträumen gewachsenen Hundeform durch eine sinnentstellende Namensgebung zu provozieren, kann vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen nur als unverantwortlich bezeichnet werden!

Der Kelb tal-Fenek stellt mit schätzungsweise 3000 - 4000 Exemplaren weltweit (einschliesslich Malta) eine seltene und damit potentiell bedrohte autochthone Haustierform dar, die als maltesisches Kulturgut unbedingt zu erhalten ist. Die eigenmächtige Änderung der angestammten Rassebezeichnung stellt einen schwerwiegenden Eingriff in dieses nationale Kulturerbe dar, und es ist festzustellen, dass die ‘ägyptische Legende’ mittlerweile auch in Malta selber Eingang gefunden hat. So schreibt Cecil S. Camilleri, ein maltesischer Agrarwissenschaftler, in einer Studie über den Kelb tal-Fenek:

‘Der Autor war überrascht, von jüngeren Landbewohnern die Behauptung zu hören, dass der Kelb tal-Fenek ägyptischen Ursprungs sei, jedoch jetzt in Malta gezüchtet werde. Der Verweis auf Ägypten stellte sich jedoch als irreführend heraus, da genauere Nachfrage ergab, dass diese Information aus sekundären Quellen stammte, d.h. aus dem Munde von Personen, die Artikel über dieses Thema in der lokalen Zeitung gelesen hatten, oder unmittelbar aus der Lektüre dieser Artikel. Ausnahmslos waren diese Artikel von Ausländern geschrieben worden oder von städtischen Maltesern, die hierbei eine missverständliche Theorie ausländischen Ursprunges wiedergaben, die auf phantastischen, unwissenschaftlichen Annahmen basiert. Dieser Trend zur Festschreibung der Geschichte von ägyptischen Ursprung erzeugt somit eine neue Legende, die jede Art unaufgezeichneter Folklore dem Vergessen anheimfallen lassen wird’ (Cecil S. Camilleri: ‘A Study of the Maltese Kelb tal-Fenek’. Progress-Press, Valletta/Malta 1995)

Diese Beobachtungen Camilleris können vom Autor aus eigener Erfahrung in Malta bestätigt werden.

Notwendige Konsequenzen

Um die Zukunft des Kelb tal-Fenek zu sichern, ist es notwendig, seinen Charakter als autochthone maltesische Hunderasse zu erhalten. Die Korrektur des irrtümlich gewählten Namens ‘Pharaoh Hound’ zurück zur ursprünglichen Rassebezeichnung ‘Kelb tal-Fenek’ wäre hierzu ein erster, wichtiger Schritt, dem weitere folgen müssten: Die kritische Überprüfung des derzeitigen Rassestandards im Hinblick auf Abweichungen von den realen Gegebenheiten im Ursprungsland ist ebenso geboten wie eine Gruppenzuordnung innerhalb der FCI, die es zulässt, die Leistungsfähigkeit der Rasse effektiv zu testen.

Noch wichtiger wäre es unserer Auffassung nach, wenn sich maßgebliche Stellen in Malta auf ihre Verantwortung gegenüber dem lebenden Kulturgut unseres Landes besinnen würden. Andere Länder haben ihre alten und seltenen Haustierrassen mittlerweile unter Schutz gestellt und betreiben ihre Erhaltung durch Zuchtprogramme auf wissenschaftlicher Basis. Wir rufen alle interessierten Wissenschaftler und staatlichen Stellen in Malta dazu auf, ihrer Verantwortung für den Kelb tal-Fenek gerecht zu werden und die Kräfte für den Erhalt der Rasse zu bündeln.

Wir sollten von den Erfahrungen zahlloser Generationen auf den Maltesischen Inseln lernen und es unter allen Umständen vermeiden, diese wundervolle Rasse aus Eigennutz oder aufgrund eines romantisierenden Wunschdenkens zu ruinieren. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass wir den Kelb tal-Fenek in der Form verlieren, wie wir ihn heute in Malta kennen.

Jan Scotland